Es liegt kein Verkehrsunfall im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB (Fahrerflucht) vor, wenn im stehenden Verkehr beim (noch nicht beendeten) Be- oder Entladen ein Gegenstand von einem Lkw auf einen danebenstehenden Pkw fällt, da sich in diesem Geschehen in keiner Weise irgendein typisches Unfallrisiko gerade des Straßenverkehrs verwirklicht hat.
So entschied das Amtsgericht (AG) Berlin-Tiergarten im Fall eines Mannes, der auf einem öffentlichen Parkplatz einen Transporter mit Sichtschutzzaunelementen beladen hatte. Dabei kam es zur Beschädigung eines geparkten Pkw, an dem ein Schaden von ca. 1.100 EUR entstand. Der Mann entfernte sich, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft hat den Erlass eines Strafbefehls wegen Verstoßes gegen § 142 StGB beantragt.
Das AG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Es liege kein Unfall im Sinne der Strafvorschrift vor. Zwar könnten auch Schadensereignisse im ruhenden Verkehr Verkehrsunfälle sein, wenn sie verkehrsbezogene Ursachen hätten. Hier sei das Schadensereignis aber nicht durch die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verursacht worden. Zwar sei in der Rechtsprechung das Hinunterklappen der Bordwand eines parkenden Lkw, durch das ein parkendes Fahrzeug beschädigt wurde, als "Verkehrsunfall" angesehen worden. Auch liege ein Verkehrsunfall vor, wenn ein Teil der Ladung von einem Lkw stürze und dadurch ein parkendes Fahrzeug beschädigt werde. Das gelte unabhängig davon, ob sich der Lkw im Betrieb befunden oder seinerseits geparkt gewesen sei. Hier sei jedoch der Schaden nicht durch ein Fahrzeugteil oder die Ladung als solche, sondern durch fehlerhaftes Beladen entstanden. Der Schadenseintritt sei auch nicht im ruhenden, sondern im stehenden Verkehr erfolgt.
Hinweis: Das AG entfernt sich mit dieser Entscheidung weit von der obergerichtlichen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof (BGH) fordert für die Annahme eines Unfalls i.S. des § 142 StGB nur, dass der Schadenseintritt in ursächlichem und unmittelbarem Zusammenhang mit den spezifischen Gefahren des Straßenverkehrs steht. Die Unterscheidung, ob es sich um ruhenden/stehenden oder fahrenden Verkehr handelt, macht der BGH nicht. Ihm geht es nur darum, die auf deliktisches Handeln zurückzuführenden Schadensereignisse aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB auszuschließen. Danach hätte hier aber ein "Unfall" angenommen werden müssen. Denn in dem schädigenden Ereignis hat sich eine typische Gefahr des Straßenverkehrs verwirklicht. Zum Straßenverkehr zählt nämlich auch noch das Beladen eines Fahrzeugs (AG Berlin-Tiergarten, 290 Cs 3032 PLs 5850/08).