Weicht ein Autofahrer, der rechts am Waldrand ein Reh stehen sieht, nach links aus, um einen etwaigen Zusammenstoss zu vermeiden und gerät dadurch ins Schleudern, muss die Teilkaskoversicherung den Schaden als sogenannten Rettungskostenersatz erstatten. Etwas anderes gilt nur, wenn der Autofahrer grob fahrlässig handelt.
Das ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgerichts (AG) München. Hier hatte ein Versicherungsnehmer seine Teilkaskoversicherung verklagt. Auslöser des Rechtsstreits war ein Unfall seiner Tochter. Diese war nachts mit dem versicherten Pkw unterwegs, als sie plötzlich in einer Rechtskurve am rechten Fahrbahnrand ein Reh stehen sah. Sie zog nach links, kam ins Schleudern und prallte ins Unterholz. Den entstandenen Fahrzeugschaden wollte die Teilkaskoversicherung nicht übernehmen. Das Ausweichmanöver sei nicht erforderlich gewesen, da das Reh nicht auf der Fahrbahn gestanden habe.
Die Zahlungsklage des Versicherungsnehmers war erfolgreich. Nach Ansicht der zuständigen Richterin habe er einen Anspruch auf Ersatz der sogenannten Rettungskosten. Zwar sei ein Zusammenstoss mit dem Reh nicht unmittelbar bevorgestanden. Allerdings bestehe auch ein Anspruch auf Kostenersatz, wenn der Versicherungsnehmer (und in diesem Fall auch die Tochter) das die Kosten auslösende Verhalten für geboten halten durfte. Dabei lasse nur grobe Fahrlässigkeit den Anspruch entfallen. Die Fahrerin habe aber in diesem Fall die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Ihr Ausweichen nach links sei angesichts der Gesamtsituation nachvollziehbar. Sie habe vermeiden wollen, dass es zu einem Zusammenstoss mit dem Reh komme, sollte dieses aufgeschreckt auf die Fahrbahn rennen. Außerdem habe sie ihre Beifahrer schützen wollen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Fahrerin erst 2 ½ Monate ihren Führerschein gehabt hatte. Daher sei subjektiv von einem anderen Verschuldensmaßstab auszugehen (AG München, 345 C 3874/08, rkr.).